Teil II

Nach der un­glück­li­chen Kam­pa­gne Preu­ßens 1806 und der dar­auf fol­gen­den Ge­fan­gen­schaft in Frank­reich, die Clau­se­witz zu­sam­men mit dem Prin­zen Au­gust von Preu­ßen als des­sen Ad­ju­tant an­trat, be­gann ein sehr be­deu­ten­der Le­bens­ab­schnitt für ihn. Die Jah­re 1807 bis 1812 hat­ten we­sent­li­chen Ein­fluss auf die Ent­wick­lung des da­ma­li­gen 27-jäh­ri­gen (*1780) Of­fi­ziers. Die­se fünf Jah­re wa­ren ge­kenn­zeich­net durch ge­wal­ti­ge Um­wäl­zun­gen in Preu­ßen, die Clau­se­witz dann ab 1808 bei den füh­ren­den Män­nern der Re­for­men in Preu­ßen sa­hen. Stein, Har­den­berg, Scharn­horst, Gnei­se­nau, Boy­en und Grol­man ga­ben Clau­se­witz die Mög­lich­keit, fe­der­füh­rend am Re­form­werk mit­zu­ar­bei­ten. Hier wirk­te sich be­reits sein Ver­ständ­nis der his­to­ri­schen Dia­lek­tik He­gels aus, das ihn spä­ter in sei­nem Haupt­werk »Vom Krie­ge« zur Dar­stel­lung des Ver­hält­nis­ses von Po­li­tik und Krieg führ­te. An der Kriegs­aka­de­mie als Schü­ler Kie­se­wet­ters (* 1766; † 1819 Ber­lin) von Kant ge­hört, ist ei­ne per­sön­li­che Be­zie­hung Clausewitz´zu He­gel nicht ge­klärt. Gleich­wohl er­ken­nen wir He­gels Dia­lek­tik in der Fra­ge „Was ist der Krieg?“ 

»(…) Wir den­ken die ein­zel­nen Ele­men­te un­se­res Ge­gen­stan­des, dann die ein­zel­nen Tei­le oder Glie­der des­sel­ben und zu­letzt das Gan­ze in sei­nem in­ne­ren Zu­sam­men­hang zu be­trach­ten, al­so vom Ein­fa­chen zum Zu­sam­men­ge­setz­ten fortzuschreiten. (…)«
(Clau­se­witz »Vom Krie­ge«, Ers­tes Ka­pi­tel, 1. Ein­lei­tung, Ver­lag MfNV Ber­lin, 1957, S. 17)

Ge­org Wil­helm Fried­rich He­gel (* 27. Au­gust 1770 in Stutt­gart; † 14. No­vem­ber 1831 in Berlin)
Quel­le:
Wikipedia

Die­ser ra­tio­nal den­ken­de Clau­se­witz, der in der Blü­te­zeit deut­schen Geis­tes leb­te und wirk­te, war ein lei­ser Be­ob­ach­ter, der of­fen­sicht­lich nach al­len Sei­ten of­fen war. Da­von zeugt der viel­fäl­ti­ge Brief­ver­kehr zwi­schen der Braut und spä­te­ren Ehe­frau Ma­rie geb. Grä­fin von Brühl (* 3. Ju­ni 1779 als Grä­fin Ma­rie So­phie von Brühl in War­schau; † 28. Ja­nu­ar 1836) so­wie mit sei­nen en­gen Ver­trau­ten Scharn­horst und Gnei­se­nau. Vom Men­schen Clau­se­witz zeugt auch ei­ne wohl ein­zig­ar­ti­ge Cha­rak­te­ris­tik, ge­ge­ben von Ge­ne­ral Graf v. d. Groe­ben (1788 bis 1876). Die­ser be­geg­ne­te Clau­se­witz 1810 an der Kriegs­schu­le zu Ber­lin, kämpf­te mit ihm in der »Rus­sisch-Deut­schen Le­gi­on« und war 1815 1. Ge­ne­ral­stabs­of­fi­zier in Ko­blenz und so­mit ein en­ger Ge­fähr­te desselben.

Im Vor­wort des Bd. 9* zu den hin­ter­las­se­nen Wer­ken Clau­se­witz´, den er 1837 her­aus­gab, le­sen wir:

»(…) Sel­ten hat sich in ei­ner Per­son ei­ne sol­che Stär­ke der Me­di­ta­ti­on mit so gro­ßer Tie­fe des Ge­müts und Zart­heit der Emp­fin­dung ver­bun­den wie in Clau­se­witz… Wie ei­ne Sinn­pflan­ze, die sich öff­net oder schließt, so er­schloß er sich dem Ver­trau­en oder ver­schloß sich dem Miß­trau­en. Aber Freund und Feind fand in al­len Wech­sel­fäl­len des Le­bens in ihm den Eh­ren­mann, der über­all nur die Sa­che kennt, nicht die Per­son. Er war der Mann der ru­hi­gen Be­son­nen­heit, sel­te­ner Klar­heit und un­er­schüt­ter­li­cher Fes­tig­keit der Ge­sin­nung. Aber nicht al­lein im Ge­biet des mi­li­tä­ri­schen Wis­sens und des Krie­ges war er stark; er war auch Staats­mann im hö­he­ren Sinn des Wor­tes. Aber weil er eben so war, so stand er auch den Män­nern so na­he, wel­che die Zeit­ge­schich­te mit so ho­her Ach­tung nennt als Gnei­se­nau, Scharn­horst, Stein. (…)«
(*Stra­te­gi­sche Be­leuch­tung meh­re­rer Feld­zü­ge – Gus­tav Adolph, Tu­ren­ne, Lu­xem­burg und an­de­re his­to­ri­sche Ma­te­ria­li­en zur Stra­te­gie 1837)

Nahm die­ser pa­trio­tisch ge­sinn­te, glei­cher­ma­ßen von der Po­li­tik ent­täusch­te Clau­se­witz des Jah­res 1812 – ge­ra­de die »Be­kennt­nis­schrift«* pu­bli­zie­rend und nach Russ­land ab­ge­hend – das da­ma­li­ge bri­san­te The­ma der »Ju­den­eman­zi­pa­ti­on« wahr? Re­gis­trier­te er den Ein­satz jü­di­scher Sol­da­ten in den Kam­pa­gnen 1813/14/15? Be­schäf­tig­te er sich nach 1818 als Di­rek­tor der Kriegs­schu­le mit dem Fort­gang der Eman­zi­pa­ti­on? Be­geg­ne­te er die­ser Fra­ge in der Zeit zwi­schen 1830 und 1831 als In­spek­teur der Ar­til­le­rie und als Chef des Ge­ne­ral­sta­bes der Ob­ser­va­ti­ons­ar­mee un­ter Gnei­se­nau in Po­len? Wenn ja, wie re­zep­tier­te er das? Wie und wo er­scheint Clau­se­witz in die­sem Zusammenhang?

*Aus der Be­kennt­nis­schrift Carl von Clau­se­witz´ 1812:

»(…) Die­se klei­ne Schrift ist be­stimmt, die po­li­ti­sche Mei­nung der­je­ni­gen vor den Au­gen der Welt zu recht­fer­ti­gen, wel­che den Wi­der­stand ge­gen Frank­reich für not­wen­dig hiel­ten, der all­ge­mei­nen Mei­nung wei­chen muss­ten und als über­spann­te To­ren oder ge­fähr­li­che Re­vo­lu­tio­nä­re oder leicht­fer­ti­ge Schwät­zer oder ei­gen­nüt­zi­ge In­tri­gu­ants ver­schrien wurden. (…)«
(IX. Be­kennt­nis­schrift 1812, Er­öff­nungs­satz, Roth­fels: Carl von Clau­se­witz po­li­ti­sche Schrif­ten und Brie­fe, S. 80)

Es ist nun nicht un­ser Ziel, die jahr­hun­der­te­lan­ge Re­pres­si­on der Ju­den in Preu­ßen und in den deut­schen Lan­den dar­zu­stel­len. Das wür­de den Rah­men un­se­rer Be­trach­tung spren­gen, der sich der Eman­zi­pa­ti­on und teil­wei­sen In­te­gra­ti­on jü­di­scher Män­ner in die Preu­ßi­schen Ar­mee ab dem Jah­re 1808 bis zum To­de Clau­se­witz‘ 1831 widmet.

Clau­se­witz, ge­bo­ren 1780, wuchs in ei­ner Zeit der End­pha­se der Auf­klä­rung auf, die mit der über zehn Jah­re dau­ern­den Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on 1789 bis 1799 am 18. Bru­mai­re (9. No­vem­ber 1799) durch ei­nen Staats­streich Na­po­lé­ons en­de­te. Un­mit­tel­bar in die­ser Zeit, noch nicht ganz 12 Jah­re alt, trat Clau­se­witz am 01. Ju­ni 1792 als Ge­frei­ten-Cor­po­ral des In­fan­te­rie­re­gi­ments »Prinz Fer­di­nand« sei­nen Mi­li­tär­dienst an, der 39 Jah­re mit ver­schie­de­nen Dienst­stel­lun­gen an­dau­ern sollte.

Ge­ne­ral Bo­na­par­te vor dem Rat der Fünf­hun­dert in Saint-Cloud am 10. No­vem­ber 1799 (Ge­mäl­de von Fran­çois Bouchot aus dem Jahr 1840) Quel­le: Wikipedia

Der Ge­frei­ten-Cor­po­ral und spä­te­re Fah­nen­jun­ker dien­te her­an­wach­send in ei­ner Ar­mee, in der Dienst­ver­ge­hen der Sol­da­ten noch mit Prü­gel be­straft wur­den. Ob­wohl: Of­fi­zie­re und Un­ter­of­fi­zie­re, zu de­nen Carl wohl zähl­te, konn­ten nicht mit Prü­gel be­straft wer­den. Sie wä­ren da­durch ent­ehrt wor­den. Für sie galt sinn­ge­mäß »(…) in Frei­heit die­nen (…)«, frei nach Fon­ta­ne (∗1819; †1898). Nach La­ge der Din­ge war der jun­ge Carl in ei­ner Zwi­schen­dienst­stel­lung und wur­de auch in die­ser Um­ge­bung so­zia­li­siert. Je­der, der in ei­ner Ar­mee ge­dient hat, kann sich un­ge­fähr vor­stel­len, wie der jun­ge Clau­se­witz leb­te und wel­che At­mo­sphä­re un­ter den Gleich­ge­stell­ten ge­herrscht ha­ben könn­te. Er und Sei­nes­glei­chen leb­ten zwar im Mann­schafts­be­stand, aber sa­ßen auch am Tisch des Kom­pa­nie­chefs und ver­brach­ten die kar­ge Frei­zeit mit den sub­al­ter­nen Of­fi­zie­ren. Auf dem Marsch und im Bi­wak so­wie in der Kam­pa­gne leb­ten sie als ein­fa­che Un­ter­of­fi­zie­re mit den Mann­schaf­ten, aßen und tran­ken mit ih­nen und hol­ten Was­ser und Feu­er­holz, wenn es not­wen­dig war. (Ver­glei­che nach Ruth Bleck­wenn – Zelt und La­ger im alt­preu­ßi­schen Heer – Das alt­preu­ßi­sche Heer 1713 bis 1807)

In­fan­te­rie­re­gi­ment Prinz Heinrich
Quel­le: Wiktionari

Un­ser Ge­frei­ten-Cor­po­ral Clau­se­witz hat­te For­tu­ne, als er mit sei­nen Ka­me­ra­den am 6. Ju­ni 1793 das Dorf Zahl­bach vor Mainz stürm­te, er blieb un­ver­sehrt und avan­cier­te zum Fah­nen­jun­ker. Und er stimm­te spä­ter auch in den Ju­bel sei­ner Sol­da­ten ein, als die ers­ten Flam­men des bom­bar­dier­ten Mainz auf­lo­der­ten. Es muss ge­wal­tig ge­we­sen sein, denn auch Goe­the be­ob­ach­te­te da­mals die Stadt in Flam­men und war mit­füh­lend beeindruckt.
(Ver­glei­che – Pe­ter Pa­ret »Clau­se­witz und der Staat«, S. 46) 

Es hät­te un­se­ren spä­te­ren Kriegs­phi­lo­so­phen auch an­ders tref­fen kön­nen. Fah­nen­jun­ker bil­de­ten mit der Fah­ne in der Hand im Krie­ge im­mer ein loh­nen­des Ziel geg­ne­ri­scher Schüt­zen. Ein Bei­spiel aus spä­te­rer 1806-er Zeit kann das untermalen.

»(…) Wil­helm von Sch­le­i­nitz […] ge­hör­te mit 14 Jah­ren, 1806, als Fähn­rich dem Braun­schwei­ger Re­gi­ment an, das un­ter den Au­gen des be­rühm­ten Her­zogs Karl Wil­helm Fer­di­nand focht, als der Her­zog in höchs­ter Tra­gik en­de­te. Ein al­ter Un­ter­of­fi­zier trug ne­ben dem schmäch­ti­gen Kna­ben […] die schwe­re Fah­ne des Ba­tail­lons im Sturm der Schlacht. Der jun­ge Fähn­rich ver­lang­te im­mer drin­gen­der sie sel­ber zu tra­gen, und im­mer wie­der er­klär­te der al­te Un­ter­of­fi­zier: >Die ist zu schwer für Sie!< Bis der Fähn­rich zor­nig rief: > Geb er mir die Fah­ne, ich be­feh­le es, denn ich bin als Fähn­rich sein Vor­ge­setz­ter!< So über­gab ihm wi­der­stre­bend der Al­te die Fah­ne und der Jun­ge schritt, sie hoch er­he­bend, in den Ku­gel­re­gen vor­an. Er rief, sich wen­dend, noch dem Un­ter­of­fi­zier zu: >Frau und Kin­der hast du! – du darfst nicht ster­ben!< In die­sem Au­gen­blick aber stürz­te er tot, von der Ku­gel ins Herz ge­trof­fen, mit der Fah­ne zu Boden. (…)«
(Vergl. »Wil­lens­men­schen – Über deut­sche Of­fi­zie­re«, Brey­may­er, Ul­rich Wie­land (Hg.), S. 228, Fi­scher Ver­lag 1999)

Des­sen war sich Clau­se­witz im­mer be­wusst. Aus Sois­sons schrieb er am 2. Ju­ni 1807 an Ma­rie, über sei­nen Ge­burts­tag am 1. Ju­ni sinnierend:

»(…) Im 12. Jah­re ver­tausch­te ich an die­sem Ta­ge das wol­le­ne Feld­zei­chen mit dem sil­ber­nen, im 13. wur­de ich vor Mainz Of­fi­zier, im 14. be­fand ich mich in ei­nem hef­ti­gen Ge­fech­te in ei­ner bö­sen La­ge, aus der ich glück­lich entkam; (…)«
(Vergl. Carl und Ma­rie von Clau­se­witz – Brie­fe, Ein Le­ben im Kampf für Frei­heit und Reich, von Ot­to Heusche­le, S. 89)

Wir kön­nen an­neh­men, dass wo­mög­lich an den Wacht­feu­ern da­mals auch Ge­sprä­che ge­führt wur­den, die sich mit Land und Leu­ten be­schäf­tig­ten. Viel­leicht auch über die Ju­den, wenn es in ir­gend­ei­ner Si­tua­ti­on zu Kon­tak­ten ge­kom­men war. Wir wis­sen es nicht. Je­doch dürf­te auch dem jun­gen Clau­se­witz be­kannt ge­we­sen sein, wel­chen Sta­tus Ju­den in Preu­ßen ein­nah­men. In sei­ner Hei­mat­stadt Burg gab es ei­ne klei­ne jü­di­sche Ge­mein­de von sog. Schutz­ju­den. Im Jahr 1785 wa­ren es sie­ben Fa­mi­li­en, die bis 1830 25 Mit­glie­der zähl­ten, die nur ei­ni­ge Stra­ßen wei­ter von sei­nem El­tern­haus lebten.
(Vergl. /www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/a-b/506-burg-sachsen-anhalt)

Va­ter Clau­se­witz, preu­ßi­scher Ac­cise-Be­am­ter, Fried­rich Ga­bri­el Claus­witz (∗1740; †1802) ge­dien­ter Se­con­de­lieu­ten­ant un­ter Fried­rich II., hat­te mit Si­cher­heit mit die­sen Men­schen zu tun ge­habt. Ob dar­über in der Fa­mi­lie Clau­se­witz ge­spro­chen wur­de, mög­lich, auch das wis­sen wir nicht. Als ge­si­chert kann an­ge­se­hen wer­den, dass Va­ter Clau­se­witz mit den be­son­de­ren Ein­woh­ner­grup­pen der Stadt Burg Kon­takt hat­te. Im 18. Jh. leb­ten fran­zö­sisch­stäm­mi­ge Hu­ge­not­ten, Pfäl­zer und Deutsch-Re­for­mier­te in nicht ge­rin­ger An­zahl in Burg. Fried­rich Ga­bri­el Clau­se­witz verkaufte

»(…) sein ver­kom­me­nes ers­tes Haus im Jahr 1798 über das Pfäl­zer Ko­lo­nie­ge­richt an ei­nen deutsch-re­for­mier­ten Bäckermeister. (…)«
(Vergl. Bern­hard Thü­ne-Schoen­born (Hg) »Die Fa­mi­lie Claus(e)witz in Burg 1753 bis 1824« …, S.7)

Für den Bau sei­ner bei­den Häu­ser (812 und 813) lieh der Ju­de Se­lig Hirsch, Er­be des Schutz­ju­den Le­vin Hirsch, am 26.01.1793 Fried­rich Ga­bri­el je­weils 250 Ta­ler in Gold. Bei­de Hy­po­the­ken wur­den am 15.05.1798 von sei­nem Sohn Gus­tav Mar­quard Fried­rich mit ei­nem Zins­satz von 5% zurückgezahlt.
(Quel­le: Bur­ger Grund- und Hy­po­the­ken­buch im Lan­des­ar­chiv Sach­sen-An­halt, S. 486)

Nach­ge­wie­sen ist, dass die Ju­den Preu­ßens im 18. Jhd. ge­wis­ser­ma­ßen als Bür­ger 2. Klas­se gal­ten, die bis auf we­ni­ge Pri­vi­le­gier­te au­ßer­halb der Ge­sell­schaft stan­den. Eli­ten wie Ge­mein­de­vor­ste­her und Ge­lehr­te so­wie we­ni­ge »Hof­ju­den und Hof­fak­to­ren« stan­den in der Nä­he der Fürs­ten. So der Ban­kier Vei­tel Ephra­im (1703 bis 1755), der zum Teil den »Sie­ben­jäh­ri­gen Krieg« Fried­rich II. finanzierte.
(Vergl. W. Grab »Der deut­sche Weg der Ju­den­eman­zi­pa­ti­on 1789 bis 1938«), S. 11)

Ei­ne klei­ne­re Schicht kauf­te sich in ei­ne Stadt- oder Dorf­nie­der­las­sung ein. Sie stell­ten ei­ne si­che­re Fi­nanz­quel­le der Ob­rig­keit dar. Da­ne­ben leb­ten in der Mehr­zahl be­sitz­lo­se Ju­den, de­nen ele­men­ta­re Bür­ger­rech­te wie Hand­werks­nie­der­las­sun­gen ver­wehrt wur­den. Of­fen da­ge­gen wa­ren der Han­del, der Geld­ver­leih, die Wis­sen­schaf­ten und die Kul­tur. In un­güns­ti­gen Si­tua­tio­nen wur­den be­son­ders ar­me Ju­den als »Land­pla­ge« be­trach­tet und wo im­mer sie auf­tauch­ten, ver­jagt oder verfolgt.
(Vergl. M. Ber­ger »Ei­ser­nes Kreuz und Da­vid­stern« Die Ge­schich­te Jü­di­scher Sol­da­ten in Deut­schen Ar­meen, S. 25)

Der jun­ge Clau­se­witz, ob­wohl noch Schü­ler der Stadt­schu­le, die auch nicht weit weg von ihm lag, wuchs al­so in der Viel­falt der Bur­ger Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten und un­ter eher un­ge­bil­de­ten Sol­da­ten auf. Sein Ge­dächt­nis da­für war auch um 18130 noch deut­lich vor­han­den. So schrieb Ge­ne­ral Clau­se­witz auf ei­ner Dienst­rei­se, nach­dem er sei­ne Ge­burts­stadt be­sucht hat­te, an sei­ne Frau Marie:

»(…) Mei­ne Va­ter­stadt Burg hat mich dies­mal be­son­ders ge­rührt. Sie sieht viel statt­li­cher aus, und es war ge­ra­de Kirch­gang, was mir die Sonn­ta­ge mei­ner Kind­heit sehr leb­haft ins Ge­dächt­nis rief. (…)«
(Vergl. Bern­hard Thü­ne-Schoen­born, S. 14)

An­sicht der Stadt Burg
Quel­le: Wi​ki​wand​.com

Sehr re­li­gi­ös war die Fa­mi­lie Clau­se­witz wohl eher nicht, wie wir bei Thü­ne-Schoen­born le­sen kön­nen. Gleich­wohl stütz­te er spä­ter – wir kom­men dar­auf zu­rück – Fich­tes (Jo­hann Gott­lieb Fich­te ( *1762; †1814) Sicht auf die Re­li­gio­nen. Der Mensch und Mi­li­tär Carl von Clau­se­witz muss je­doch ei­ne spi­ri­tu­el­le Be­zie­hung zum Got­tes­glau­ben ge­habt ha­ben, wenn wir sein Schrift­tum – hier »Vom Krie­ge« – und sein ge­leb­tes Le­ben als Ge­ne­ral be­trach­ten. In sei­nem Haupt­werk spricht er, den Krieg als »Cha­mä­le­on« charakterisierend:

»(…) son­dern er 〈der Krieg〉 ist auch sei­nen Ge­samt­erschei­nun­gen nach in Be­zie­hung auf die in ihm herr­schen­den Ten­den­zen ei­ne wun­der­li­che Dreifaltigkeit. (…)«
(Vergl. Carl von Clau­se­witz »Vom Krie­ge«, Ver­lag MfNV Bln. 1957, S. 36)

Wahr­schein­lich kann­te er auch den Bi­bel­text »Der Brief des Pau­lus an die Rö­mer, Röm 12, 17 bis 21«, der an die rö­mi­schen Sol­da­ten ge­rich­tet war. In dem ge­schrie­ben steht:

»(…) Röm 17. – Ver­gel­tet nie­man­dem Bö­ses mit Bö­sem. Seid auf Gu­tes be­dacht ge­gen­über je­der­man und Röm 19 – Rächt euch nicht selbst. (…)«
(Vergl. Das Neue Testament) 

Ein Zeug­nis da­von könn­te der Brief Clausewitz´an sei­ne Frau Ma­rie vom 12. Ju­li 1815 aus Fon­tain­bleau sein. In die­sem Brief, ge­schrie­ben nach Wa­ter­loo, be­fürch­tet Clau­se­witz, dass über­trie­be­ne For­de­run­gen des Preu­ßi­schen Ober­kom­man­dos ge­gen­über dem nun­mehr ge­schla­ge­nen Geg­ner kein gu­tes En­de neh­men wür­den. So ent­rüs­te­te sich Clau­se­witz dar­über, dass ne­ben un­an­ge­mes­se­nen Kon­tri­bu­tio­nen auch die For­de­rung Blü­chers stand, die »Brü­cke von Je­na« in Paris,nach Je­na und Au­er­stedt 1806, 1814 so be­nannt, in die Luft zu spren­gen. Das F. W. III. ver­hin­der­te. Clau­se­witz hat­te ei­nen Prä­li­mi­n­ar­frie­den mit Frank­reich im Sinn, der kei­nen neu­en Krieg im Keim ha­ben würde.

»(…) Mein sehn­lichs­ter Wunsch ist […], schreibt er an Ma­rie, […] daβ die­ses Nach­spiel ein bal­di­ges En­de neh­men mö­ge; denn ei­ne Stel­lung mit dem Fuβe auf dem Na­cken ei­nes an­de­ren ist mei­nen Emp­fin­dun­gen zu­wi­der und der un­end­li­che Kon­flikt von In­ter­es­sen und Par­tei­un­gen mei­nem Ver­stan­de. Ge­schicht­lich wer­den die Eng­län­der die schöns­te Rol­le in die­ser Ka­ta­stro­phe spie­len; denn sie schei­nen nicht wie wir her­ge­kom­men zu sein mit der Lei­den­schaft der Ra­che und Wie­der­ver­gel­tung, son­dern wie ein züch­ti­gen­der Meis­ter mit stol­zer Käl­te und ta­del­lo­ser Rein­heit – kurz, vor­neh­mer als wir. (…)«
(Vergl. Carl und Ma­rie von Clau­se­witz – Brie­fe, Ein Le­ben im Kampf für Frei­heit und Reich, von Ot­to Heusche­le, S. 246 bis 248)

Pont d´Iéna (Brü­cke Jena
Quel­le: tripu​cket​.com

Fort­set­zung Teil III

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